Flanier durch Trier

Trier: Gestern und Heute – Mariensäule bis Viehmarkt

Trier: Gestern und Heute – Mariensäule bis Viehmarkt

Eine Zeitreise von der Mariensäule bis auf den Viehmarkt

1. Stadtpanorama

 

Welcher Ort eignet sich wohl besser, um einen Blick über Triers Panorama zu werfen, als der Fuß der Mariensäule? Daran hat sich zwischen 1907 und 2024 nichts geändert. Von den Trierern auch liebevoll Säulen Marie genannt, ist das über 40 m hohe Sandsteindenkmal wohl jedem in Stadt und Region bestens bekannt. Aber was hat es eigentlich mit dem massiven Sandsteinkreuz auf sich, das direkt an der steilen Kante zum Abgrund, unmittelbar vor der Mariensäule, thront? Hierbei handelt es sich um das sogenannte Metzgerskreuz, das heute noch an seinen deutlich kleineren, historischen Vorgänger – das Metzgerskreuzchen – erinnert. Bevor das Kreuzchen 1849 dem Bau der Mariensäule weichen musste, diente es der Metzgerszunft und der Wollweberzunft als Ausgangspunkt für ein alljährliches Frühlingsritual: Am ersten Donnerstag der Fastenzeit wurde von dort aus ein brennendes Rad den Steilhang hinabgerollt – stürzte es, unten angekommen, wie geplant in die Mosel, soll angeblich der Kurfürst beiden Zünften einen Fuder Wein ausgegeben haben. Über die Erfolgsquote der Radroller ist uns allerdings nichts bekannt.

 

2. Römerbrücke

 

Unwahrscheinlich, dass die römischen Bauherren ahnen konnten, welche Menschenmassen, Tiere sowie motorisierte und nichtmotorisierte Fahrgeschäfte jene Basaltpfeiler werden tragen müssen, die sie zur Mitte des 2. Jahrhunderts in der Mosella befestigten, um damit die Stadtgründung Triers voranzutreiben. Lange Jahre blieb die Römerbrücke der einzige Flussübergang der Stadt und damit auch die einzige Möglichkeit für das inzwischen eingestellte Trierer Straßenbahnnetz, die andere Moselseite zu erreichen. Trotz seiner insgesamt eher kurzen Lebenszeit wies das Straßenbahnnetz einen beachtlichen Umfang auf. Nachdem 1905 der elektrische Betrieb der Bahn aufgenommen wurde, konnte auch das Streckennetz erweitert werden und über die Römerbrücke Richtung Eurener Straße, nach Pallien und dem Aufgang Weißhaus verlängert werden. Obwohl die Trierer Straßenbahn inzwischen schon einige Jahre Geschichte ist und bisherige Versuche ihrer Wiederbelebung scheiterten, können Nostalgiker der Elektrischen noch immer ganz nah kommen, und zwar in dem 2005 eröffneten Trierer Verkehrsmuseum, dessen ältestes Ausstellungsexemplar ein Schienenstück aus dem Jahr 1903 ist.

 

3. Der Hauptmarkt und der Riesling

 

Grad‘ aus dem Wirtshaus komm‘ ich heraus, Trier wie wunderlich siehst du mir aus!

Lustige Postkarten waren auch zur Jahrhundertwende schon beliebt, wie dieses historische Exemplar aus dem Jahr 1901/02 bezeugt. Die Trierer Liebe zu Riesling, Viez und Bier konnte Hauptmarkt und St. Gangolf auch damals schonmal ordentlich zum Schwanken bringen – und das noch ganz ohne Weinstand! Aus heutiger Sicht könnte die Karte aber auch als Illustration einer berühmten Trierer Anekdote verstanden werden, die sich 1981 ereignete. Am 24. Juli dieses Jahres schmeckte den Trierern das morgendliche Zähneputzen nämlich besonders gut. Aus den städtischen Leitungen floss plötzlich reiner Sekt, Marke Herrenklasse trocken, der Kellerei Bernard-Massard. Ob beim Duschen oder Spülen – die Trierer merkten recht schnell, was da Feines aus den Hähnen quoll und begannen, den unerwarteten Reichtum in Flaschen, Gläsern und Blumenvasen abzufüllen. Was war passiert? Ein defektes Rückschlagventil hatte in der Kellerei dafür gesorgt, dass Sekt aus den für die Reife bestimmten Drucktanks zurück in die Wasserleitungen strömte. Da der Druck von Sekt erheblich höher ist als der von reinem Wasser, konnte er sich die Leitungsvorherrschaft erkämpfen und Sorge tragen, dass Steipe und St. Gangolf an diesem Tag für den ein oder anderen schon am frühen Morgen ins Schwanken gerieten.

 

4. Der Viehmarkt

 

Wo heute die imposante Ungers-Vitrine über den historischen Viehmarktthermen das Stadtbild prägt, sagten früher noch Ochs und Esel einander guten Morgen. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde der Viehmarkt seinem Namen nämlich noch gerecht: Bereits 1811 fand dort der erste wortwörtliche Vieh-Markt statt. Aufgrund seiner dezentralen Lage bot sich der weitläufige Platz dafür besonders gut an. Während für reguläre Wochenmärkte auch der Hauptmarkt genutzt wurde, blieben die Verschmutzung und der Lärm des regelmäßigen Schlacht- und Zuchttiermarktes auf dem Viehmarkt angenehm ausgelagert. Heute sind diese Zeiten lange Geschichte und das Gesicht des Platzes wirkt wie verwandelt. Nachdem 1987, nach langen Jahren schnöder Parkplatz-Existenz, während den Bauarbeiten für eine geplante Tiefgarage die Überreste der heute so benannten Viehmarktthermen entdeckt wurden – der ältesten Badeanlage der Stadt – gewann der Platz neuen Glanz. Neben dem eindrucksvollen Glasbau lohnt sich bei heutigen Besichtigungen vor allem ein Blick auf die Bepflasterung: In rotem Stein ist dort dem römischen Straßennetz ein symbolisches Denkmal gesetzt worden.

 

Eine Zeitreise von der Mariensäule bis auf den Viehmarkt.

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Ursprünglich aus Trier, konnte ich mich während mehrerer Jahre Abwesenheit und Stationen im In- und Ausland davon überzeugen, dass es sich in der Heimat doch sehr gut leben lässt. Zum Bleiben haben mich, neben dem Riesling, u. a. auch die regionalen Wandermöglichkeiten, vor allem in Eifel und Luxemburger Schweiz, sowie die geniale Nähe zu Frankreich bewegt.

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