Flanier durch Trier

Trier: Gestern & Heute

Trier: Gestern & Heute

1. Simeonstraße

 

Im Laufe der Jahrhunderte hat die Trierer Simeonstraße schon so einiges an Festen, Radau und Trubel über sich ergehen lassen. Während heute vor allem das Altstadtfest und Porta3 dafür sorgen, dass Menschenmassen und Musik die ausladende Straßenzeile füllen, sah das Musikprogramm im Jahr 1904 noch deutlich anders aus. Das historische Foto zeigt einen Zug der preußischen Armee, der, begleitet von den Klängen eines Schellenbaumes ganz vorn, von der Porta Nigra zum Hauptmarkt zieht. Der Schellenbaum war und ist ein ungewöhnliches Instrument für die Trierer Straßen. Doch streng genommen handelt es sich bei ihm auch gar nicht um ein Musikinstrument: Ursprünglich aus dem osmanischen Reich stammend, übernahmen die Preußen den Schellenbaum erst, als sie ein Exemplar während des Krieges erbeuten konnten. Dementsprechend wurde er vor allem als Symbol siegreicher Errungenschaft genutzt – und so sollte er wohl auch in Trier zum Einsatz kommen. Richtig durchsetzen konnten sich die Preußen damit aber nicht: Ihre anti-kirchliche Haltung stieß in der papsttreuen Stadt auf weitestgehend taube Ohren… daran konnten auch penetranter Schellenklang und Umzugslärm nichts ändern.

 

2. Liebfrauenstraße

 

Triers Geschichte als Bischofssitz reicht bis ins 3. Jhr. nach Christus zurück. Aber wo sitzt der Bischof denn eigentlich? Unweit vom Trubel des Hauptmarktes entfernt führt die Liebfrauenstraße eher versteckt, aber doch auf direktem Weg, vom Dom hinauf in Richtung des Palastgartens und der Konstantinbasilika. Damals wie heute, so zeigt die historische Aufnahme, führt das schmale Sträßchen dabei am Bischofshof vorbei, der den Trierer Bischöfen seit mehr als 200 Jahren als Wohnort dient. Geprägt von herrschaftlichen Gebäuden hat die zunächst unscheinbare Liebfrauenstraße ihr Äußeres über die Jahrhunderte hinweg kaum verändert und kann damit als echtes historisches Kleinod der Stadt betrachtet werden. Was an der Oberfläche unscheinbar wirkt, hat aber mehr Tiefgang als man zunächst meint. Nicht nur der historische Weinkeller des barocken Palais Kesselstadt erstreckt sich unter dem Straßenpflaster, auch ein unterirdischer Gang schlängelt sich dort entlang, der den Bischofshof im Mittelalter (damals noch ebenerdig) mit einem Wirtschaftsgebäude verband und damit zur Versorgung und dem Wohl der Bischöfe beitrug.

 

3. Bahnhofsstraße

 

Lebensmüde wären heute diejenigen, die sich, nur mit Strohhut und Sonnenschirm geschützt, in das dichte Verkehrstreiben auf der Kreuzung Bahnhofstraße – Bismarckstraße stürzen würden, um die Fahrbahnmitte zur Flaniermeile zu machen. Ganz anders sah das noch im Jahr 1909 aus, als neben der Straßenbahn nur wenige andere motorisierte Verkehrsteilnehmer das Trierer Stadtbild prägten. Unten rechts in der historischen Aufnahme ist ein Beispiel dieser zunächst sehr seltenen, ersten Straßenkreuzer zu sehen. Optisch noch den Dampfwagen und Pferdekutschen des 19. Jahrhunderts ähnlich, wurden die ersten Motorwagen im Allgemeinen mit großer Skepsis entgegengenommen. Kaum jemand wollte sich auf die technische Errungenschaft einlassen, geschweige denn Geld dafür ausgeben. Sogar die Straßentauglichkeit der neuen Gefährte wurde bezweifelt – würden sie denn auch längere Strecken unbeschadet überstehen können? Und wie betankt man sie nur regelmäßig? Diese Skepsis sollte, vor allem in Trier, nicht lange vorhalten. Schon 1922 formierte sich der Autoclub Trier als einer der ersten in ganz Deutschland.

 

4. Villa Weißhaus

 

Ursprünglich war die stattliche Villa Weißhaus, von deren Terrasse aus sich heutzutage bei Kaffee und Kuchen das Trierer Stadtpanorama bestens genießen lässt, eher ein Häuschen. Erbaut im 17. Jahrhundert wurde der schlichte Ursprungsbau 1823 durch die noch heute bestehende, klassizistische Villa ersetzt. Die historische Aufnahme zeigt die Villa Weißhaus im Jahr 1901. Bereits damals wurde die Anlage als Restaurant verpachtet. Auf dem Bild ist zu erkennen, wie eine Musikkappelle zur Unterhaltung der zahlreichen Terrassengäste beiträgt. Das bunte Treiben ist dabei Ausdruck einer kulturellen Zeitenwende: Das neue Jahrhundert brachte auch eine neue Beziehung zur Musik in der Bevölkerung mit sich. Opern und Operetten wurden zunehmend populärer und erlaubten einem breiten Publikum, sich der Musik mit neuer Begeisterung zu nähern. Wie auch Trier selbst hat sich die Villa Weißhaus von den anschließenden, schweren Zeiten gut erholt: Heute bleibt das Anwesen seiner Geschichte treu und ist als Restaurant und Ausflugsziel bei Trierern und Gästen gleichermaßen beliebt.

 

Eine Zeitreise von der Simeonstraße zur Villa Weißhaus

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Ursprünglich aus Trier, konnte ich mich während mehrerer Jahre Abwesenheit und Stationen im In- und Ausland davon überzeugen, dass es sich in der Heimat doch sehr gut leben lässt. Zum Bleiben haben mich, neben dem Riesling, u. a. auch die regionalen Wandermöglichkeiten, vor allem in Eifel und Luxemburger Schweiz, sowie die geniale Nähe zu Frankreich bewegt.

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