Will ein Ort zum Weltkulturerbe werden, muss er mindestens eines von sechs Kriterien erfüllen, die dem Objekt einen außergewöhnlichen universellen Wert für die gesamte Menschheit bescheinigen. Häufig sind bei anderen Welterbestätten zwei oder drei Besonderheiten verzeichnet. In Deutschland gibt es nur wenige Orte, die wie Trier mit vier charakteristischen Merkmalen aufgeführt werden.
Was eine Stätte zum Welterbe macht
Entscheidend für die Eintragung einer Stätte ist die Idee des außergewöhnlichen universellen Wertes (Outstanding Universal Value, OUV) eines Objektes für die gesamte Menschheit. Grundsätzlich müssen für eine Anerkennung die Unversehrtheit und Echtheit des Ortes gewahrt sein. Zusätzlich hat ein Weltkulturerbe mindestens eines der sechs Kriterien, die den OUV beschreiben, zu erfüllen. In Trier finden sich ein Meisterwerk menschlicher Schöpferkraft, eine vergangene Kultur, die sichtbar wird, ein Architekturensemble und Ort vergangener Macht sowie eine Stadt, die weltverändernde Geschichte schreibt.
Ein Meisterwerk menschlicher Schöpferkraft
Kriterium I
Nicht nur hinsichtlich ihres Erhaltungszustands ist die um etwa 170 n. Chr. errichtete Porta Nigra ein Meisterwerk der römischen Architektur des 2. Jahrhunderts, dem keines der anderen erhaltenen römischen Stadttore gleichkommt. Sie kombiniert in einzigartiger Weise die Funktion einer Befestigungsanlage mit Elementen einer repräsentativen monumentalen Architektur, die das äußere Erscheinungsbild der wohlhabenden Stadt schmückte.
Eine vergangene Kultur wird sichtbar
Kriterium III
Mit der Dichte und Qualität der überlieferten Trierer Bauten wird uns ein außergewöhnliches Zeugnis der untergegangenen römischen Kultur vor Augen geführt, wie es sonst an keinem anderen Ort nördlich der Alpen in diesem Umfang erhalten geblieben ist. Die Stadt wird im Jahr 17 v. Chr. als Augusta Treverorum gegründet und entwickelt sich bis zum 2. Jahrhundert n. Chr. zu einem wichtigen Handelszentrum. Die verschiedenen Bauten veranschaulichen diesen schrittweisen Stadtentwicklungsprozess. Die Einrichtung von Verkehrs- und Handelswegen wird durch den Bau der im 1. Jahrhundert v. Chr. errichteten Römerbrücke symbolisiert. Als die Stadt und die Ansprüche der Einwohnerinnen und Einwohner wachsen, kommen im 2. Jahrhundert n. Chr. große Gebäude der Unterhaltung und Körperpflege dazu (Amphitheater, Barbarathermen). Gleichzeitig entsteht der Wunsch sich zu schützen und auch zu zeigen, dass man dazu mit eindrucksvoller Architektur in der Lage ist (Porta Nigra). Monumentale römische Grabmäler zeugen zusätzlich vom gewonnenen Reichtum der Treverer (Igeler Säule).
Auch die unter den nachfolgenden Kriterien zu besprechenden Bauten kennzeichnen Entwicklungsschritte der römischen Stadt. Wenn auch an dieser Stelle nur auf die unmittelbar zum UNESCO-Welterbe gehörigen Gebäude eingegangen wird, so ist doch mehr erhalten. Dieser Bestand unterstreicht zusätzlich das erfüllte Kriterium III, die römische Kultur lebendig vor Augen zu führen. Ein Besuch des Landesmuseums mit seinen Funden aus dem Trierer Welterbe, ein Gang durch die Viehmarkthermen oder die Besichtigung der Stadtmauerreste kann das zeigen.
Ein Architekturensemble und Ort vergangener Macht
Kriterium IV
Als Trier am Ende des 3. Jahrhunderts zu einer der Hauptstädte des Römischen Reiches und Sitz eines Kaisers wird, startet ein ambitioniertes Bauprogramm (Kaiserthermen, Aula Palatina). Es entsteht eine kaiserliche Residenz von enormen Ausmaßen, die ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden bzw. eines architektonischen Ensembles darstellt, wie es in einer großen römischen Hauptstadt angetroffen werden kann.
Extra: Video-Tipp
Die Überreste des Kaiserpalastes zeugen von einem wichtigen Abschnitt der römischen Geschichte, in dem mit der neuen Regierungsform der Tetrarchie – vier offizielle Herrscher – auf die Schwierigkeiten der vorherigen Zeit reagiert wurde. Funde wie die unter dem heutigen Dom entdeckten Fragmente einer gemalten Decke verdeutlichen die Pracht und den höfischen Charakter der Architektur. Sie können im Museum am Dom besichtigt werden.
Eine Stadt schreibt weltverändernde Geschichte
Kriterium VI
Als Residenzstadt ist Trier eng mit wichtigen Ereignissen der Menschheitsgeschichte verbunden. Sie ist für Konstantin Rückzugsort und Ausgangspunkt seiner Aktivitäten. Die Schlacht gegen seinen Widersacher Maxentius im Jahr 312 n. Chr. und die Anerkennung des Christentums mittels des Edikts von Mailand im darauffolgenden Jahr stellen einen Wendepunkt in der Geschichte des Christentums dar.
Als einer der ältesten Kirchenbauten der westlichen Welt versinnbildlicht der Dom dieses Ereignis. Er zeigt mit seinen verschiedenen Umbauten und zusammen mit der Liebfrauenkirche als Beispiel der Hochgotik die Kontinuität des christlichen Ortes von der Spätantike bis heute.
Wie das Welterbe Trier heute erlebt werden kann und erlebt wird, erfahren Sie – wenn Sie möchten – im nächsten Blog-Beitrag im August.
Titelfoto: Kaiserthermen Trier, Copyright: GDKE / Rheinisches Landesmuseum Trier, Foto: Th. Zühmer