Viez gehört zu Trier wie die Porta und die Mariensäule. Ein Pörzchen Viez ist für viele Triererinnen und Trierer ein Stück Lebensart, Kultur und Identität. Lange Zeit galt der Apfelwein als billiges Arme-Leute-Getränk und Alternative zum teureren Bier. Doch das hat sich gründlich geändert, findet Ernst Mettlach, Mitglied der Trierer Viezbruderschaft.
Heute ist der regionaltypische herb-saure Apfelwein aus den Kneipen in Trier und der ganzen Region nicht mehr wegzudenken. Er ist mittlerweile zum Kultgetränk avanciert, das auch junge Leute gerne trinken.
Herbst ist Apfelzeit
Der Herbst ist die wichtigste Zeit für den Viez: Jetzt sind die Äpfel reif und aus den traditionellen Apfelsorten wie beispielswiese roter oder weißer Trierer Weinapfel, Bohnapfel, Erbachhofer, Porzenapfel, Geheimrat von Oldenburg oder Ontario wird der Viez gekeltert. Manchmal finden auch Mostbirnen den Weg in die Kelter. Den noch unvergorenen und unfiltrierten Most gibt es als sogenannten „süßen Viez“ nur für kurze Zeit. Denn einmal gekeltert, beginnt der Viez schnell zu gären und wird „schärpsig“. In Trier wird der süße Viez gerne zu gerösteten oder gekochten Kesten (Esskastanien) aus den Wäldern in und um Trier getrunken.
Eine Verneigung vor dem Apfelwein: Das „Viezbruderlied“ von Andreas Sittmann
Viez ist ein natürliches und nachhaltiges Getränk
Die Äpfel für den Viez wachsen üblicherweise an hochstämmigen Apfelbäumen, die auf Streuobstwiesen kultiviert werden, die sehr artenreich und ökologisch wertvoll sind. Wer Viez trinkt, unterstützt damit auch diese althergebrachte Form des Obstanbaus. Und da Viez in der Region hergestellt wird, in der er auch getrunken wird, sind die Transportwege kurz. Viez ist also ein nachhaltiges Genussmittel.
Nach dem „Raffen“ werden die Äpfel zunächst sortiert und gewaschen, anschließend in einer Mühle zerkleinert und in einer Kelter gepresst. Der so entstandene Most wird zum Vergären in Fässer oder Tanks gefüllt. Professionelle Viezhersteller setzen Reinzuchthefen ein, um den Zucker in Alkohol zu verwandeln. Oft wird der Viez in unserer Region aber auch nur für den eigenen Bedarf gekeltert. Dann tun es auch wilde Hefen, die den Saft der Äpfel spontan vergären lassen. Zudem wird dem Viez meist Schwefeldioxid zugesetzt, um ihn haltbarer zu machen. Bis er ganz durchgegoren ist, vergehen vier bis sechs Wochen. Anschließend wird der fertige Viez meist in Flaschen abgefüllt, zunehmend aber auch in so genannten „Bag-in-Box“-Beutel.
Ob pur, gemischt mit Sprudel oder auch Limo: Wie man seinen Viez mag, ist Geschmackssache. Allerdings: Vieztrinker, die etwas auf sich halten, trinken ihn am liebsten aus der sogenannten „Porz“, einem 0,4 Liter fassenden Henkelkrug aus Porzellan. Das Getränk eignet sich auch wunderbar als Speisenbegleiter. Vor allem zu traditionellen Gerichten wie Kappes Teerdisch (Gericht aus Sauerkraut und Kartoffelpüree), Dibbelappes/Schales (Kartoffelgericht), aber auch zu Flieten (frittierte Hähnchenflügel) oder gebackenen Moselfischen passt der an Säure und Gerbstoffen reiche Viez.
Seit zehn Jahren fördert die Viezbruderschaft in Trier die Viezkultur
Zur Unterstützung der regionalspezifischen Viezkultur hat sich vor zehn Jahren in Trier der Verein Trierer Viezbruderschaft e.V. gegründet. Zwecke des Vereins sind neben der Förderung der heimischen Viezkultur vor allem auch die Erhaltung der regionaltypischen Streuobstwiesen in Trier und Umgebung, auf denen die alten Apfelsorten wachsen, die für den Viez unverzichtbar sind. Alle zwei Jahre veranstalten die Viezbrüder auf dem Trierer Domfreihof das Trierer Viezfest, zu dem tausende Menschen nach Trier kommen. Mit den Erlösen werden nicht nur Streuobstwiesen finanziert, sondern auch soziale Einrichtungen und Projekte unterstützt. Zu jedem Viezfest lässt die Viezbruderschaft eine Porz von Trierer Künstlern gestalten und in limitierter Auflage herstellen. Die Künstlerporzen sind mittlerweile begehrte Sammlerobjekte.
Treffen der Viezbrüder in Wintersdorf Logo Buchcover „Viez“
Buchempfehlung
Um möglichst viel von dem Wissen über den Viez weiterzugeben, hat die Trierer Viezbruderschaft zu ihrem zehnten Geburtstag ein Buch herausgegeben. In dieser „Viezbibel“ werden nicht nur die rechtlichen und lebensmitteltechnischen Aspekte des Viezes erläutert. Denn auf den 100 Seiten gibt es auch jede Menge Wissenswertes über die Geschichte des Viezes sowie viele Praxistipps vom Pflanzen eines Apfelbaums bis hin zur Anleitung zum Selbstkeltern. Das Buch ist ab sofort im Handel und in Kürze auch in der Tourist-Information Trier erhältlich. Es kostet 18,90 Euro. Vom Kaufpreis geht jeweils ein Euro an die Trierer Kulturstiftung.
Text: Ernst Mettlach
Fotos/Videos, falls nicht anders angegeben: Ernst Mettlach, Michael Schmitz
Süßer Viez mit Kesten vom Weißhaus…. Ein Gedicht!