Wer durch die Stadt spaziert oder von den umliegenden Hügeln auf diese herabblickt, stellt schnell fest: Trier und Wein sind untrennbar miteinander verbunden. Es liegt also nahe, sich einmal genauer damit zu beschäftigen, wie der Weinbau eigentlich in die Stadt kam, sich im Laufe der Zeit veränderte, was den Wein in der Gegend so ausmacht und ganz wichtig – wie er schmeckt. Wir haben uns auf die Weingenusstour begeben, um mitten im Weinberg Antworten auf so manche Frage zum beliebten Rebensaft zu erhalten.
Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und ich steige zusammen mit einer kleinen Gruppe Menschen erwartungsvoll hinauf auf das Oberdeck des Doppeldeckerbusses von Voyages Emile Weber, der nahe der Porta Nigra wartet. An diesem schönen Sommerabend möchten wir zu Wein-Expertinnen und Experten werden. Schon bald geht die Fahrt los und der Bus bahnt sich seinen Weg durch den abendlichen Stadtverkehr zu den Weinhängen des Petrisbergs. Tourguide Carmen Müller begrüßt uns fröhlich und wir erfahren schon mitten in der Stadt, dass der Weinbau hier tief in der Geschichte verwurzelt ist.
In vino veritas – die Römer und der Wein
Bereits die Römer etablierten das Kultivieren und Ausbauen von Trauben in der Region, da sie erkannten, dass das Klima und die steilen Hänge der Mosel sich ideal dafür eigneten. Dies geschah allerdings nicht bloß aus einer reinen Leidenschaft für das Getränk heraus. Ganze 2 l Wein standen allein den Legionären des Römischen Reiches am Tag zu und auch sonst war das Getränk äußerst beliebt. Dieser üppige Verbrauch ruft erst einmal Lachen in der Gruppe hervor. Pur wurde der Wein damals allerdings selten getrunken. So mischte man ihn mit Wasser oder fügte Honig oder unterschiedlichste Gewürze hinzu. Die Römer waren also nicht gerade puristisch, was ihren Wein anging.
Doch nicht immer wurde der Weinbau in und um Trier bei der römischen Regierung so gerne gesehen. So verbot Kaiser Domitian ihn im 1. / 2. Jahrhundert, da der Weinbau eine zu große Konkurrenz für die heute italienischen Weingebiete darstellte. Das funktionierte allerdings nicht allzu gut, denn bekanntermaßen sind die Moselhänge auch heute noch mit Weinreben bedeckt und es wurde, erzählt Carmen Müller, selbst im Amphitheater im Laufe der Jahrhunderte mal Wein angebaut. Auf dem Weg durch die Stadt erfahren wir noch viele spannende Dinge. Was hat der Wein mit dem unterirdischen Trier zu tun? Und wie unterscheidet sich der Moselwein von dem Rebensaft der umliegenden Anbaugebiete? Noch bevor wir die Weinberge überhaupt erreichen, kennen wir die Antworten auf diese Fragen.
Winzerwissen für Anfänger:innen
Nachdem wir schließlich das Stadtzentrum hinter uns gelassen haben und am Aussichtspunkt des Petrisbergs angekommen sind, steigen wir aus dem Bus aus und erhalten unsere Weingläser – die erste Verkostung rückt also näher. Wir laufen etwas weiter in den Weinberg hinein und bleiben schließlich auf einem Weg inmitten der Reben stehen. Hier schauen wir auf „das Filetstück des Weinbergs“, wie Carmen Müller es nennt. Diese Lage des Weinguts Deutschherrenhof bietet durch die optimale Ausrichtung gen Süden und die Beschaffenheit der Böden besonders gute Bedingungen für den Anbau von Wein. Allerdings ist genau das in den Weinbaugebieten von Mosel, Saar und Ruwer manchmal gar nicht so einfach, denn diese können zuweilen so steil sein wie das Matterhorn.
Da ist es doch wesentlich einfacher, Wein bloß zu trinken und genau das tun wir nun auch. Ein trockener Elbling der Bischöflichen Weingüter wird zuerst ausgeschenkt. Der Wein hat eine angenehme Säure und ist frisch, leicht und spritzig. Es ist eine alte Rebsorte, die, so heißt es, bereits von den Römern in dieser Region angebaut wurde. Sie zählt sogar zu den ältesten Rebsorten Europas und ist autochthon, hat also direkt in diesem Anbaugebiet ihren Ursprung, was in Deutschland ziemlich selten ist. Wir trinken also einen historischen Tropfen.
Die ein oder andere Anekdote und spannende Info rund um den Weinbau erfahren wir noch. So können wir nun die Frage beantworten, warum Rebstöcke gerne mal mit Tetrapacks verkleidet werden. Da fühlen wir uns schon fast ein bisschen wie echte Winzerinnen und Winzer. Anschließend wandern wir den Weinberg in die entgegengesetzte Richtung entlang. Nun schauen wir hinab auf die Stadt und ein neuer Wein wird in die Gläser gefüllt. Der „Sebastian No1“ ist ein feinherber Riesling des Weinguts Deutschherrenhof, der angenehm nach gelben Früchten schmeckt.
Geheimnisse des (W)einkaufs
Doch was bedeutet „feinherb“ eigentlich? Wir erfahren, dass sich die Winzerinnen und Winzer der Mosel vor einigen Jahren für die Einführung der Bezeichnung „feinherb“ einsetzten, da die Rieslinge des Anbaugebiets auf Grund ihres Säureanteils auch mit einer höheren Restsüße noch als halbtrocken wahrgenommen werden können. Bei feinherben Weinen beginnt der Restzuckergehalt bei mindestens 9 g/l und kann bis über 18 g/l betragen. Sie können somit sowohl trockener als auch lieblicher als halbtrockene Weine ausfallen. Es lohnt sich also, die Winzerin oder den Winzer beim Weinkauf nach dem Restzuckergehalt zu fragen, wenn man wissen möchte, wie süß der gewählte feinherbe Wein nun wirklich ist. Das Flaschenetikett verrät dies nämlich selten.
Bei einigen weiteren guten Tipps rund um den Weinkauf werden die Gläser schnell geleert. Ein letzter Wein wartet jedoch noch darauf, verkostet zu werden. Dafür gehen wir wieder zum Aussichtspunkt des Petrisbergs zurück. Nun wird der liebliche „Trierer Augenscheiner“ eingeschenkt. Die fruchtige Riesling Spätlese erhält ihren besonderen Geschmack durch den buntsandsteinhaltigen Boden, auf dem sie angebaut wird und ist perfekt für einen warmen Sommertag. Das Besondere ist, dass wir hier über die Stadt und die Mosel hinweg direkt auf die gleichnamige Anbaufläche des Weines schauen. Und so viel sei hier bereits verraten: Der Name kommt nicht von ungefähr.
Wir erfahren noch, in welchem Zusammenhang ein Adler zur Weinqualität steht und was Napoleon damit zu tun hat, dass man heute in Trier durch den eigenen Weingenuss soziale Einrichtungen unterstützen kann. Dann geht es auch schon zurück zum Bus, in welchen wir zufrieden und noch mit dem Geschmack der leckeren Weine auf der Zunge einsteigen. In der Abendsonne geht es nun zurück ins Stadtzentrum und eines ist sicher: Wir sind vielleicht noch keine Sommeliers und Sommelières, werden aber bei der nächsten Weinprobe ganz bestimmt mit unserem neuen Weinwissen glänzen.
Eine sorgsame Auslese – Unsere 5 Tipps für alle Wein-Fans:
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Wer seinen Wein lieber direkt in der Altstadt genießen und dazu noch etwas Stadt-Wissen serviert bekommen möchte, schaut sich am besten den Rundgang „Moselwein trifft Geschichte“ an.
Nachteulen aufgepasst! Auch beim Nachtschwärmer Rundgang gibt’s den ein oder anderen leckeren Tropfen und dazu noch eine ganze Menge spannender Geschichten.
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