Wenn in Trier die Worte 'Zeitreise' oder 'Blick in die Vergangenheit' fallen, ist meistens das römische Reich gemeint – manchmal auch noch das Mittelalter. Im Lauf seine langen Geschichte hat Trier aber viel mehr Epochen durchlebt, als diese. Wir möchten in diesem Beitrag mit euch aus diesem Grund eine Zeitreise in die jüngste Vergangenheit der Stadt unternehmen und den Beginn des 20. Jahrhunderts ins Auge fassen. Erinnern können sich daran vielleicht aus eigener Erfahrung nicht mehr so viele, aber in den Geschichten von Oma und Opa war davon vielleicht bis noch vor einigen Jahren manches präsent.
1. Das Humboldt-Gymnasium
Zumindest die Initialen hat sich das Schulhaus an der Augustinerstraße, direkt gegenüber vom Stadttheater, bis heute erhalten. Während der auf dem historischen Foto (1927/29) abgebildete Altbau 1944 zerstört und 1956 durch einen Neubau mit Aula und Turnhalle ersetzt wurde, ging es dem alten Namen der Schule, die bis dahin als Hindenburg-Gymnasium bekannt war, 2009 an den Kragen. Während erste Versuche, den Namen desjenigen, der Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannte, vom Schulhaus zu streichen, im Stadtrat scheiterten, war der 75. Jahrestag jener Ernennung scheinbar Grund genug für einen politischen Schulterschluss in der Stadt. Die Umbenennung in Humboldt-Gymnasium war dabei bereits der zweite Namenswechsel, den die Schule in ihrer Geschichte erlebt hat. Ursprünglich als Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in der Stadt bekannt, brachte die Jahrhundertwende, um 1914, noch den Titel Königliches Realgymnasium mit Realschuhe i.E. mit sich. Der heutige Name ist im Vergleich dazu nicht nur politisch kommoder, sondern auch erheblich leichter über die Lippen zu bringen.
2. Zurlauben
Der Trierer Stadtteil Zurlauben (bei Einheimischen eher als Zalawen bekannt) war 1924, wie das historische Foto zeigt, nicht nur vorwiegend Heimat für die Trierer Moselschiffer, sondern auch noch deutlich dichter bewachsen als zur heutigen Zeit. Die vielfach noch aus dem 18. Jahrhundert stammenden, zweistöckigen Häuser oder Lauben haben dem Viertel zwar nicht zu seinem Namen verholfen – seine Wurzeln reichen zurück bis ins 13. Jahrhundert – sind aber heute dafür umso passender. Einmal im Jahr verwandelt sich das ansonsten eher idyllische Ufer außerdem in eine Partymeile, und zwar wenn der Männergesangsverein (MGV) ZurLauben und die Karnevalsgesellschaft „M'r wieweln noch“ en Zalawen 1911 zum Zurlaubener Heimatfest, mit stadtbekanntem Feuerwerk, einladen. Zu seinem ur-trierischen Namen kam der Karnevalsverein angeblich in der Neujahrsnacht 1911. Während der Silvesterfeier der MGV sollen Kieps Jupp und Peter Mettlach einem dringlichen Ruf der Natur ins Freie gefolgt und dabei an einem überfrorenen Fass mit Moselfischen vorbeigekommen sein. Als sie neugierig an der Eisschicht klopften, sahen sie, dass die Fische darunter sich noch bewegten – und prompt rief einer der beiden: „Die wieweln noch!“ Inzwischen wieweln die Fische wohl nicht mehr, der Name ist dem Verein aber bis heute geblieben.
3. Bad
Bild: SWT Trier
Ein Blick in die Stadtgeschichte beweist: Die Trierer an sich sind ein reinliches Völkchen – sie baden gerne und ausgiebig. Die beachtlichen Ausmaße der Viehmarkt-, Barbara- und Kaiserthermen bezeugen, dass Baden für die Trierer schon seit eh und je Volkssport ist. Während die Begeisterung für das Wasser erhalten blieb, haben sich die Formen der Badeanstalten immer weiterentwickelt. Im 19. Jahrhundert zum Beispiel kamen, vor allem durch die preußische Armee, Flussbäder voll in Mode. Waren diese zunächst den Rekruten für ihre Ausbildung vorbehalten, wurde Triers Flussbad – gelegen nahe der Römerbrücke – 1875 für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Von Sprüngen in die Mosel sollte heute aus Sicherheitsgründen abgesehen werden. Ganz ohne Strömung und Blaualgen lässt es sich sowieso besser planschen. Ganzjährig Gelegenheit dafür bietet Das Bad bereits seit 1931. Damit ist es zwar deutlich jünger als sein historischer Vorgänger – den direkt gegenüber gelegenen Kaiserthermen – kann aber doch bereits auf eine lange Geschichte zurückschauen. In ihrem Verlauf hat sich dabei vor allem eines geändert: Beliebt wurden städtische Badeanstalten im 19. Jahrhundert vor allem, weil private Badezimmer in Stadtwohnungen noch nicht zur allgemeinen Grundausstattung gehörten. Statt dem Sport stand für die meisten damit die Hygiene bei einem Besuch im Vordergrund. Chlor findet übrigens auch seinen Einsatz in Schwimmbädern seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts… kann das Zufall sein?
4. Triers Skyline
Was schwebte denn da am 15. Mai 1912 durch Triers wolkenlosen Himmel? Zeitgenossen konnten diese Frage erstmal nicht so einfach beantworten. Es handelt sich bei der Aufnahme nämlich um den allerersten Zeppelin, der je über Triers Dächer gleiten durfte. Es sollte aber nicht der einzige bleiben: Nur drei Jahre später würde Trier Heimat des größten deutschen Zeppelins werden. Dafür wurde bei Trier-Euren extra eine Luftschiffhalle errichtet, die mit 175 m Länge und 35 m Höhe beachtliche Ausmaße einnahm.
Historische Bildquelle: Stadtarchiv Trier, Bildsammlung 7 (Postkartensammlung Dr. Ernst Piro), hier nach Walter Queck (Hg.), Trier in alten Ansichtskarten, Frankfurt a. M. 1977
Eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert an der Mosel