100 Jahre Winter in der Region Trier
Wer heute ‚Winter in Trier‘ hört, denkt oftmals an romantische Schneespaziergänge in weiß gezuckerten Weinbergen, an eine Tasse Glühwein direkt vor der Porta Nigra, oder die gleißend hellen Lichtreflexe, die sich, dank der tief stehenden Wintersonne, so einmalig schön auf den Moselwellen spiegeln. Ein Blick zurück auf die letzten 100 Jahre Stadtgeschichte zeigt aber: Der Instagram-taugliche Wintertraum kann auch ganz anders. Frostig, nass, bis hin zu chaotisch – alles war schon dabei. Wir packen uns warm ein und werfen einen Blick zurück auf die eisigsten und nassesten unter den Moselwintern.
Eiswinter 1956, Mosel | Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). Infozentrum Wasserbau
Jahreswechsel 1925/26: Eisiges Hochwasser
Genau 100 Jahre ist es her, als die Mosel 1925/26 – verursacht durch eine Kombination aus starken Schneefällen, raschem Tauwetter und intensiven Regenfällen – in kürzester Zeit über die Ufer trat und dabei nicht nur das Zurlaubener Ufer in Gefahr brachte. Das Hochwasser erreichte in den frühen Morgenstunden des 1. Januars 1926 seinen Höchststand und überflutete weite Teile der Stadt. Keller und Erdgeschosse wurden geflutet, Straßen unpassierbar und die Infrastruktur erlitt erhebliche Schäden. Die Vorräte vieler Familien wurden vom Fluss davongetragen, was in wirtschaftlich sowieso schon schwierigen Zeiten ein harter Schlag war. Erst fünf Jahre später sollte die Schutzmauer fertiggestellt werden, die insbesondere den Häusern in Ufernähe zugutekam. Trier blieb in diesem Winter nicht die einzige Stadt, die mit den Wassermassen zu kämpfen hatte. Als wichtiger Zufluss des Rheins trug die Mosel dazu bei, dass nicht nur in Koblenz, sondern entlang des gesamten Flussverlaufs das Wasser so hoch anstieg, dass es zu einer der höchsten jemals registrierten Durchflussmengen am Rhein kam.
Zurlaubener Ufer 1925 – vor dem Deichbau
Februar 1956: Eiskalter Stillstand
Ein echter Jahrhundertwinter überfiel die Region im Februar 1956. Die Temperaturen sanken weit unter den Gefrierpunkt und versetzen Trier in eine frostige Zwangspause. Die Mosel und Bäche rund um die Stadt froren teilweise zu, was nicht nur für beeindruckende Winterlandschaften sorgte, sondern auch den Alltag entlang der Ufer erheblich erschwerte. Der Schiffsverkehr kam zum Erliegen und wichtige Waren, wie Lebensmittel und Brennstoffe, kamen nicht ans Ziel. Die Versorgungsprobleme waren erheblich: Da auch die Trierer Wasserleitungen großflächig zufroren, musste Schnee geschmolzen werden, um die Trinkwasserversorgung für die Bevölkerung zu gewährleisten. Kohle – damals die Hauptwärmequelle für Privathaushalte – wurde zu einer kostbaren Ressource und Brennholz zu einem begehrten Tauschobjekt. Historische Fotografien aus dem Eiswinter 1956 bezeugen beeindruckend, mit welcher Macht der Winter die Kontrolle über das Moselland übernahm.
Eiswinter 1956, Mosel | Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). Infozentrum Wasserbau
Winter 1962/63: Wenn die Mosel Pause macht
Keine zehn Jahre später legte sich erneut eine dicke Eisschicht über die Mosel und zwang die ansonsten so fleißige Arbeiterin in den Stillstand. Im Winter 1962/63 kam der Schiffsverkehr, der für die Versorgung der Region essenziell war, komplett zum Erliegen. Lieferengpässe für Lebensmittel und Brennstoffe trafen die Gemeinden hart, ganz besonders aber die ansässigen Winzerbetriebe. Zu exportierende Weine konnten flächendeckend nicht zugestellt werden – eine Handelsunterbrechung, deren wirtschaftliche Konsequenzen weit über das Winterende hinaus spürbar blieben. Neben der gefrorenen Wasserstraße sorgten die extremen Temperaturen auch für erneut gefrorene Wasserleitungen in vielen Trierer Haushalten. Die Stadtwerke hatten alle Hände voll zu tun, um die Trinkwasserversorgung so gut als möglich aufrechtzuerhalten. Besonders betroffen waren alte Leitungen, die der eisigen Belastung nicht mehr standhalten konnten. Hinzu kam außerdem, dass Straßen durch Eis und Schnee oft unpassierbar wurden. In vielen Fällen mussten Pferdegespanne und improvisierte Schlitten den Transport von Gütern übernehmen.
Eisgang der Mosel 1963 | Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). Infozentrum Wasserbau
Januar 2003: Wasser, Wasser und noch mehr Wasser
Anstelle romantischen Schneetreibens brachte der Januar 2003 so starken Dauerregen mit sich, dass die Mosel sich innerhalb kurzer Zeit in einen gefährlichen Giganten verwandelte. Die Pegel stiegen auf beinahe 10 Meter – eine Höhe, die Trier zuvor lange nicht gesehen hatte und die Stadt in den Ausnahmezustand versetzte. Straßen entlang der Mosel wurden unpassierbar, Keller liefen voll, und viele Ansässige mussten ihre Habseligkeiten in Sicherheit bringen. Besonders betroffen war davon Pfalzel, das nahezu vollständig im Wasser versank. Feuerwehr und Hilfskräfte waren im Dauereinsatz, um Sandsäcke zu platzieren, Pumpen zu betreiben und gefährdete Gebiete zu sichern. Der Hochwasserschutz in Trier bewährte sich zwar teilweise, konnte jedoch nicht alle Schäden verhindern. Geschäfte entlang der Mosel mussten schließen, und Lieferungen aus der Region wurden gestoppt, da viele Transportwege unter Wasser standen. Die Folgen des Hochwassers waren noch Wochen später in den Bilanzen spürbar.
Habt Ihr Erinnerungen an einen Trierer Winter, der sich euch besonders ins Gedächtnis eingeschrieben hat? Erzählt uns davon in den Kommentaren – wir tauen uns währenddessen schon mal einen Kaffee auf.
100 Jahre Winter in der Region Trier